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EVA & ADELE: Ihr Lächeln ist ein Werk

Nadine Clemens

Sie bezeichnen sich als Engel, die aus der Zukunft kommen. Welche Botschaft überbringen Sie?

COMING OUT OF THE FUTURE ist die künstlerische Setzung in unserem Werk, die auf traditionelle Referenzen verzichtet wie z. B. Ausbildung, Lehrer, Akademie usw. Mit dieser antiakademischen Haltung haben wir ohne jeglichen Schutz im öffentlichen Raum, sowie im Kunstkokon gestartet.
In der Geschichte, die wir mit den Menschen in der Öffentlichkeit leben - erleben, bilden wir eigene Referenzen. Wir haben uns auf die eigenen vier Füße gestellt, uns gegenseitig an der Hand gehalten und uns als Werk behauptet. Die kommunikative Arbeit in der Öffentlichkeit, wie die daraus folgenden Arbeiten aus dem Atelier, sind unsere einzig gültige Referenz.
Engel, so haben uns nur andere bezeichnet. Wings I, Wings II, Wings III lauten die Titel der Performances zur Documenta von 1992 und 1997, den Biennalen in Venedig 1993, 1995 und 1997.

Welche Rolle hat, Ihrer Meinung nach der Künstler in der heutigen Gesellschaft?

Künstler können neue Denkräume schaffen und zu neuen Denkräumen hinführen. Tabus brechen, subversiv sein (stellen Sie sich vor: mit unserer Performance Wings I, Documenta IX, 1992, sind wir 2003 auf dem Cover eines deutschen Schulbuchs).
FUTURING ist unsere Erfindung. Wir haben das Wort in die Welt gesetzt ohne eine Erklärung zu geben. Ein Zeitgenosse sagte zu EVA&ADELE: Für mich bedeutet FUTURING: ich mache selbst Zukunft.

Was bedeutet der Begriff des Hermaphroditismus aus Ihrer Sicht?

Für uns bedeutet Hermaphroditismus die Überwindung der Geschlechtergrenzen, OVER THE BOUNDARIES OF GENDER. Das Reich zwischen männlich und weiblich frei zu nutzen und zu leben, der spielerische Umgang mit den Geschlechterrollen als schöpferische Möglichkeit zur Eigenerfindung.

Wie definieren Sie Freiheit und Liebe im Bezug auf Ihr Werk?

Freiheit braucht Mut. Wir führen mit unserem Werk Mut vor.
Wir lehren Toleranz. Toleranz braucht Liebe. Liebe braucht FUTURING.

Man sagt Sie sind ein Symbol der Liebe in der zeitgenössischen Kunst. Was halten Sie von einer solchen Aussage?

Vom Ich-Künstler zum Wir-Künstler ist für uns beide ein großer Schritt gewesen, der nicht ohne Schmerzen und künstlerisches Leid machbar war. Die Entscheidung unser beider künstlerisches Potential in ein Werk zu investieren und als Einzelkünstler hinter das Werk zu treten, war auch ein Akt der Liebe und der Start zur Erfindung unseres Herzkopflogos.
Die Herzkopflogo-Installation wird übrigens im Aquarium des Casino Luxemburg Tag und Nacht zu sehen sein.

Sie treten in der Öffentlichkeit als immer lächelndes Liebespaar auf. Ist Ihr Privatleben auch von Liebe und Lächeln geprägt oder gibt es auch mal Streit?

Unser Lächeln ist ein Werk. Wir sind sogar Mega-Fighter! Unser Streit ist auch Kunst. Ehrlich, wir haben eine hohe Streitkultur, wir streiten immer konstruktiv, so dass wir beide Sieger sind.

Ihre Arbeit findet in und mit der Öffentlichkeit statt. Welche Erfahrungen haben Sie da in Luxemburg machen können?
Extrem sind unsere Erfahrungen in Luxemburg. Uns begegneten beherzte und dünkelhafte Luxemburger.

Sie verteidigen das Recht auf geschlechtliche Selbstdefinition. Sie setzen Zeichen für Toleranz und Aufgeschlossenheit, indem Sie die zukünftigen Möglichkeiten akzeptierter Lebensmodelle erweitern. Sind die Menschen gegenüber Ihrem Lebensmodell auch so aufgeschlossen oder gibt es da negative Kritik, ja sogar Feindseligkeit?

Mit der Erfindung unseres Werkes und unserer Erscheinung war uns klar, dass wir uns Feinde machen, auf der Straße und im Kunstbetrieb.
Im Theater der Wirklichkeit sind auch Menschen ohne Humor und Herzensbildung unterwegs. Unser Werk findet in der Wirklichkeit der anderen statt, es hat nichts mit der Wirklichkeit zu tun, es ist Kunst.

Was verbinden Sie mit dem Ausstellungstitel Something about Love?

EVA & ADELE, FUTURING COMPANY, der Titel unserer Installation.
Das tägliche Polaroid von EVA & ADELE ist ein Manifest des Seins, des Auftritts, der Erscheinung in der Öffentlichkeit. Öffentlichkeit ist gleich Kommunikation. Das fotografische Polaroid-Tagebuch ist Grundlage für die ausgestellten DOPPELSELBSTPORTRAIT Gouachen, FUTURING COMPANY. Wir zeichnen uns nicht selbst, sondern die Abbildung eines Werkes. Die Schminke auf der Haut ist der Beginn eines komplexen Reflexionsprozesses über Malerei.

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